Ich hab´s ja schon mal in einem Blog-Eintrag im Dezember erwähnt: Ich fahre morgens immer Fahrrad! Und das mit Begeisterung! Fast bei jedem Wetter treibt es mich raus. Und es gibt vor allem zwei Gründe, warum ich das tue:
1. um ans Meer zu fahren, die Bewegung und die Natur zu genießen und
2. um die Menschen frühmorgens zu treffen und in ihre Gesichter zu schauen und mich zu freuen 🙂
Wie alles begann…
Die freundlichen, gar friedlichen Gesichter der Menschen hier sind mir schon weit vor unserer Auswanderung aufgefallen. Nein noch mehr, sie waren einer der gefühlten Hauptgründe, den Schritt auf die Insel zu wagen.
Ich erinnere mich noch genau, wie wir im Urlaub mit unserem damals erst einjährigem Sohn in unserem Ferienhaus hier in Snogebæk beim Frühstück saßen und aus dem Fenster sahen. JEDEN Morgen im JANUAR kam dort auf dem kleinen Trampelpfad , der von der Straße zum Meer und auch direkt an unserem Haus entlangführte, die gleichen Menschen vorbei.
Erst kam der Mann im blauen Overall vorbei, seinen hochgewachsenen Dalmatiner an der Leine. Immer zur gleichen Zeit (und das war fast noch gefühlt vor Sonnenaufgang, denn damals war unser Sohn noch ein echter Frühaufsteher), ging er mit seinem Hund Gassi. Und jedes Mal ein Lächeln auf dem Gesicht. Eine halbe Stunde später kam er vom Meer zurück und hatte immer noch einen „seeligen“ Gesichtsausdruck.
Kurze Zeit danach kam Karl mit seinem Schäferhund. Dass er Karl heißt, erfuhren wir natürlich erst nach unserer Auswanderung, denn Karl ist jetzt unser Nachbar 🙂 Karl hatte immer (auch noch Jahre später!) die gleiche Pudelmütze auf und blieb immer kurz vor dem Übergang zum Meer stehen, um in Ruhe übers Meer zu schauen. Dann ging er rechts kilometerweit in Richtung Dueodde. Er war oft der einzige am Strand und seine Austrahlung war einfach freundlich und – ich wiederhole mich – friedlich! Karl blieb lange weg und wir sahen ihn oft erst 2 Stunden später wieder am Fenster entlanglaufen. Oder wir trafen ihn am Strand, denn bis dahin machten wir dann auch schon mal die erste Tour mit unserem kleinen Racker (mit Strand-tauglicher Gummibereifung des Kinderwagens). Er grüßte uns freundlich und unterheilt sich mit uns gerne auf deutsch.
Wenn wir dann vom Spaziergang nach Haus kamen und einen Tee tranken, kam eine ganze Truppe von kleinen, mit dicken Schneeanzügen und neonfarbenen „Verkehrs-Westen“ bekleideten, Jungs und Mädchen vorbei, vorne und hinten von einem Erwachsenen begleitet. Der Snogebæker Kindergarten, rieten wir. Am Strand angekommen, tollten die Kleinen herum, buddelten im Sand und liefen mit ihren kleinen Gummistiefeln ins Wasser. Und man hörte keine Kindergärtnerin grell irgendwelche Kommandos schreien… Einfach, na was wohl: friedlich! Ich schlich mich dann ab und zu ans Meer um neugierig zu schauen, was die so machten, denn immerhin sollte mein Sohn ja auch ins Kindergartenalter kommen. Die Kindergärtnerinnen, nein es war auch ein Mann dabei, grüßten mich freundlich und es durchströmte mich ein wohliges, warmes Gefühl, irgendwie war das wie „“Nachhause kommen“.
Genau SO wollte ich auch leben, ich wollte auch so entspannte Gesichtzüge haben und eine tiefe Ruhe ausstrahlen (davon war ich damals noch Lichtjahre entfernt). Und von Ruhe und Frieden umgeben sein!
Dieses Szenario wiederholte sich drei Winterurlaube lang. Und es ließ uns nicht los, wir wollten mehr…

14 Jahre später…
Heute sitze ich nicht mehr im Ferienhaus am Fenster und bin Zuschauer. Nein heute bin ich mittendrin! Und wisst Ihr was: Ich treffe immer noch die gleichen Menschen, nur dass ich sie jetzt kenne und ihren „Lifestyle“ teile. Auch ich gehe bzw. fahre jeden Morgen zum Meer. Und ich habe gelernt zu lächeln und zu genießen.
Karl treffe ich weiterhin jeden Morgen. Und jedes Mal, wenn wir uns begegnen, winkt er mir freundlich zu und kommt mit einem IMMER positiven Kommentar zum Wetter. „Endlich wieder Regen, das hat die Natur gebraucht“, „Hast du den Sonnenaufgang gesehen. Bei so kaltem Wetter ist die Sicht so wunderbar klar“, „Herrlich dieser Morgen, findest du nicht auch?“ Karl ist ein „Seelenfreund“, ohne dass er es weiß. Ich habe ihm bis heute nie erzählt, dass er einer meiner „Vorbilder“ war, dass er uns einfach nur durch seine Austrahlung auf die Insel gelockt hat. Ich bringe ihm ab und zu ein selbstgebackenes Brot vorbei und wir klönen. Ich mag ihn wirklich sehr 🙂
Oder der Mann mit dem Fahrrad, der jeden Morgen am Parkplatz am Turistvej steht und aufs Meer schaut. Und wenn man ihn anschaut …. lächelt er.

Gesichter die milde stimmen
Irgendwie erschienen mir die Menschen schon seit jeher freundlicher und milder hier auf Bornholm. Was ist das Geheimnis der Menschen? Es ist sicher die Nähe zum Meer, denn die meisten treffe ich am Strand. Doch selbst der Nachbar, der morgens zu seiner Schicht in den kleinen Einkaufsladen im Dorf geht, grüßt mich überschwenglich. Oder die Hundebesitzer, die ihre Hunde ganz im Vertrauen von der Leine nehmen, damit sie miteinander spielen können. Man hört nie ein böses Wort. Wenn mir Bekannte joggend entgegenkommen, haben sie immer Zeit, stehenzubleiben und einen kleinen „Schnack“ zu halten. Es scheint, als wenn für alles Zeit ist.
5 Männer auf Morgentour
Unsere Fotogalerie liegt direkt am Fahrradweg nach Nexø. Da mein Mann und ich selbständig sind, frühstücken wir – sobald die Temperaturen und der Sonnenstand es zulassen – morgens (nach dem Fahrradfahren !) im Innenhof vor unserem Haus. Von dort haben wir Ausblick auf den Fahrradweg und einige Radler grüßen im Vorbeifahren und wünschen uns guten Appetit. Im Frühjahr letzten Jahres fiel mir eine Gruppe von älteren Herren auf, die selbst nach zwei Wochen immer noch jeden Morgen an unserem Haus vorbeiradelten und jedes Mal mir großes Gesten und äußerster Freundlichkeit grüßten (ohne abzusteigen, wohl gemerkt!). Und nach einer Stunde kamen sie zurück und die Prozedur wiederholte sich. Die Freundlichkeit war so überschwenglich, dass ich meinem Man irgendwann fragte : „Kennst du die?“. Nein, er kannte sie nicht. Irgendwann war mir dann klar, dass das keine Touristen sein konnten, denn sie radelten auch noch nach Wochen vorbei. Im Sommer fielen sie im Trubel der Touristen nicht auf, aber jetzt im Winter treffe ich sie nach wie vor jeden Tag. Immer genau um 8.15 Uhr machen sie Halt am Parkplatz im Turistvej in Snogebæk. Egal wie das Wetter ist. Und wieder blicke ich in fünf strahlende Gesichter mit Fahrradhelm. Das macht einfach gute Laune!
Ja, darum fahre ich so gerne Fahrrad auf Bornholm morgens um viertel nach acht ♥
Alles Liebe
Eure Steffi
