Veränderung und Vereinigung

Bornholm, 12.11.2020

„Change is the only constant in life“ – Veränderung ist die einzige Konstante im Leben. Über diesen Satz fiel ich letztens und er fasst gut zusammen, was derzeit passiert. Alles verändert sich. Auf allen Ebenen und in alle Richtungen. 

Bei mir hier auf der Insel hat sich auch Einiges verändert: Im Außen und im Innen. Doch was auch im Außen passiert, die innere Veränderung und das innere Wachstum ist für mich das Wichtigste. Denn mit meiner inneren Welt, meinen Gedanken und Gefühlen kann ich dem trotzen, was um mich herum passiert. 

Und genau an diesem Prozess möchte ich Euch heute teilhaben lassen. Ich möchte Euch einladen in meinen Veränderungsprozess, der auch für Euch jetzt einen Ausdruck findet.

Ich weiß nicht, wie Viele von Euch wissen, dass ich verschiedenen Seiten habe… nein es sind eher verschiedene SAITEN, auf denen ich spiele:



Seit 2015 habe ich meinen Blog „Bornholm my love“, der aus meiner tiefen Liebe zu der Insel entstanden ist,. Am Anfang habe ich ganz viel gebloggt, Fotos und Geschichten von uns und über die Insel. Ich habe Euch mitgenommen auf Ausflüge, Erlebnisse und habe Euch meine Lieblingsplätze gezeigt. Das alles war damit verbunden, dass ich diesen Blog nun auch auf den social media-Kanälen beworben habe. Die Follower-Zahlen stiegen stetig an, der Erfolg stellte sich schnell ein. Doch für mich privat fühlte es sich irgendwann nicht mehr wie ein Erfolg an, sondern wie Stress. Ich fühlte mich in der Pflicht, ständig etwas zu berichten und auch mehr und mehr von mir zu zeigen. Als ich dann auch noch das Angebot annahm, den Blog mit der Zusammenarbeit mit einem großen Ferienhausvermieter  zu monetarisieren – wie es bei Bloggern so schön heißt – war es dann endgültig zu viel…. Ich tauchte ab, denn dieses ständige an der Oberfläche und mich zu zeigen, fügte mir Schaden zu, das spürte ich deutlich in mir.

Aus diesem Rückzug. gepaart mit Reisen zu den Pottwalen nah Nord-Norwegen, entstand mein Buch „Die Weisheit der Wale“. Darin beschrieb ich das Getriebensein und das ständige an der Oberfläche sein in unserer Gesellschaft, und unser eigentliches Bedürfnis nach Ruhe, Stille und Abtauchen. Diese Analogie zwischen Wal und Mensch hat viele Leser und Leserinnen angesprochen. In Kürze geht das Buch in die zweite Auflage, was mich von Herzen freut, da ich darin auch den Walen eine Stimme geben kann.



Und gleichsam hat das Schrieben des Buches viel in mir verändert. Das Abtauchen ist seitdem mein Element. Die Tiefe ist mein Element. Und ich mache es seitdem immer mehr wie der Pottwal: Nur kurz an der Oberfläche und dann wieder Rückzug in die Tiefe.



Das hat natürlich eine Auswirkung im Außen: Ihr lest seitdem nicht mehr so viele Blogbeiträge. Die Beiträge haben sich in ihrem Inhalt verändert. Denn ich habe mich verändert. Ich bin jetzt 53 Jahre, lebe seit fast 15 Jahren auf der Insel. Seit 10 Jahren arbeite ich als Naturcoach mit Frauen auf der Insel. Seit 10 Jahren begleite ich die Seminare meines Mannes Udo mit meinem Organisationstalent und meiner Backlust. Und bisher habe ich immer gedacht, ich müsste meine verschiedenen Seiten – Saiten 😉 – voneinander getrennt sehen: Hier bin ich Coach, dort bin ich Blogger. Hier bin ich Seminarorganisation, dort bin ich Bäckerin. So habe ich einen Bornholm-Blog  und gleichzeitig eine Seite für meine Coachings mit einem integrierten Blog. Beides schön voneinander getrennt. Und innerlich hatte das Coaching und das Schreiben von Büchern immer einen größeren Wert als das Bloggen. Irgendwie hatte sich in mir das Gedankenmuster verfestigt, dass der Blog oberflächlich sei und mein Coaching und Autorendasein Tiefe hat.  Damit ging natürlich eine Be- und Verurteilung einher, die es mir immer schwerer machte, den Blog mit Lust und Freude zu pflegen. Mein Herz schlug und schlägt aber nach wie vor für diese Insel, die meine Heimat geworden ist. Was auch das Buch „Bornholm my love – 111 Tipps für deinen Urlaub auf Bornholm “ zeigt, das ich im Selfpublishing  herausgebracht habe.
Und auch da die innerliche Frage: Kann ich einen Reiseführer und gleichzeitig Bücher mit Tiefe und Weisheitsgeschichen herausbringen?

Yes I can!


Genauso wie ich ein eine Initiative gegen Einwegplastik zur Reduzierung des Plastikmülls im den Meeren starten kann, was ich 2018 mit „Bye Bye Plastik“ auf Bornholm gemacht habe.



Und heute sind die Macherinnen von „Bye Bye Plastik Sylt“ meine absoluten Heldinnen und sind für die Insel- und Halligkonferenz vom Umweltbundesamt für einen Umweltpreis nominiert. 

Warum erzähle ich Euch das alles, fragt Ihr Euch spätestens nach all den Zeilen.
Ich erzähle es Euch, um Euch zu sagen, dass Veränderung für mich Vereinigung bedeutet.
JA, ich habe VIELE Saiten… die aber eben EIN Instrument zum klingen bringen!
Ich werde ab jetzt alle meine Saiten über diesen Blog zum Klingen bringen.
Und ich möchte Euch das ankündigen, damit Ihr schauen und entscheiden könnt, ob Ihr meine Musik hören möchtet oder eben nicht. 
Denn es wird ein Potpurri sein. Denn ich bin ein Potpurri! 
Und ich habe meine Lebensreise bis heute dafür gebraucht, zu akzeptieren und zu lieben, dass ich so vielseitig bin. Und dass jede Seite an mir wertvoll ist.
Ich werde Euch von Bornholm berichten.
Von dem, was mein Herz auf der Insel zum klingen bringt.
Ich werde Euch demnächst mitnehmen auf eine Autoren-Reise in mein Buch
„Die Walflüsterin“, das ich einzelnen Kapiteln hier schreiben und veröffentlichen werde.
Ich werde Euch Einblick geben in meine Abtauch- und Auftauchphasen, in meine Gedanken zu dieser wirren Zeit.
Ich werde Euch mit Fotos vom Plastikmüll an den Stränden inspirieren, Euren eigenen Plastik-Konsum zu überdenken.
Ich werde Euch Film- und Buchtipps geben, wenn mich etwas berührt und ich dies teilen möchte. 
Ich werde Euch darüber informieren, wenn wir in Deutschland mit Storytelling und Lesetour unterwegs sind.



Ich werde Euch von meinen Coachings berichten.
Ich werde Gedichte veröffentlichen, die ich schreibe. Ich werde Neuigkeiten von Bornholm raussenden und  – wie letztens – Euch um Eure Stimme bitten.
Und ich werde für mich und meine Arbeit und die Seminararbeit zusammen mit meinem Mann und unseren Team werben und das mit Stolz und Freude über unser Tun! 

Das ist eine große Veränderung für mich, denn sie bedeutet, dass ich mich mit all dem zeige, wer ich bin. Und das ist gut so. Ich werde gleichzeitig die Kommentar-Funktion auf meinem Blog ausschalten, denn ich finde es schöner, wenn Ihr mir persönlich schreibt, wenn Ihr mir etwas mitteilen möchtet. Ich bleibe mit Euch im Dialog, aber nicht öffentlich. Daher werde ich auch nicht mehr auf facebook aktiv sein, denn das ist kein Raum mehr für mich, in dem ich mich in meinem Element fühle.
Apropos Element:
Die Fotos, die Ihr in diesem Text findet, sind aus meiner neuen Broschüre „Sei in deinem Element“, das der „Creator“ in unserem Seminar-Team „Blanke Rolle“ mit großem Einfühlungsvermögen für mich und mein Tun für mich kreiert hat. Ich fühle mich darin voll und ganz gesehen und bin sehr dankbar für dieses Geschenk ♥️ 🙏
Wer Interesse hat, diese in gedruckter Form zu bekommen und vielleicht einen Lieben in Gedanken hat, an den diese Broschüre gehen kann, dem schicke ich gerne ein paar Broschüren zu. Schreibt mir dann gerne eine Mail. Meine neue Internetseite nach dem Credo „Sei in deinem Element“ ist in Arbeit.

Danke für Euer Interesse, wenn Ihr bis hierher mitgelesen habt. Es fühlt sich sehr, sehr gut an, dass ich Euch mit meinen verschiedenen Sei(ai)ten gezeigt habe .
Tiefe und Fröhlichkeit. Nachdenklichkeit und Leichtigkeit. Stille und Konzert.
All das spielt zusammen!
All die unterschiedlichen Töne machen erst das berührende Musikstück aus.

Bis bald in voller Klaviatur!

Herzlichst!

Steffi 

In „Julesteming“ auf Bornholm…. Advent, Advent 🎄

Bornholm, 02.12.2019 Ist denn schon wieder Weihnachten??? Ja, die Zeit die rennt und nachdem der November schwuppdiwupp seine grauen Tage (die mir gar nicht grau vorkamen!) vorbei geschickt hatte, leuchtet schon die erste „Advent Advent, ein Lichtlein brennt“-Kerze . Die … Weiterlesen

3. Advent am Bornholmer Strand …

Bornholm, 3. Advent 2017 Vorgestern war ich noch auf dem Weihnachtsmarkt in Deutschland, mit vielen Menschen, Glühwein, „Jingle Bells“ aus den Lautsprechern und jeder Menge Einkaufstüten, die an mir vorbeieilten … Heute empfängt mich der Morgen des 3. Advent mit … Weiterlesen

Königlicher Besuch: Margrethe II für drei Tage zu Besuch auf Bornholm

Bornholm 01.September 2017 Drei GROSSE Tage für die Bornholmer! „Schaut Ihr euch auch die Königin an?“ fragte mich mein Nachbar vor ein paar Tagen? Nööö, eigentlich nicht, dachte ich so bei mir. Doch mein Nachbar erklärte mir, wie wichtig dieser … Weiterlesen

Vom Perfektionismus und dem Loslassen: Eine Lektion á la „Pløk“

Snogebæk 23.03.2017 Wann ist genug? Wann ist eine Renovierung abgeschlossen? Wie weit reicht mein Perfektionismus? Diese Fragen stelle ich mit gerade mal wieder aktuell… Als Deutsche bin ich natürlich geradezu mit einer ordentlichen Portion Perfektionismus auf die Welt gekommen. Alles … Weiterlesen

Mit dem Mountainbike und Seekajak zum Examen: Bornholmer „Friskole“ nimmt das Fach „Outdoor“ auf den Stunden- und Prüfungsplan

Ich wußte es schon immer! Die Schule unserer beiden Jungs ist einfach die aller coolste! Mit  bummelig 96 Schülern von der 0. bis zur 9. Klasse liegt die „Sydbornholms Privatskole“ idyllisch mitten im Grünen in Pedersker an der Südküste Bornholms. … Weiterlesen

Wintersonnenwende… jetzt werden die Tage wieder länger und das Licht kommt zurück :-) Tschüss bis zum nächsten Jahr ❤️

Gestern,  am 21. Dezember, haben wir die Wintersonnenwende auf Bornholm gefeiert. Eine schöne Tradition, dem kürzesten Tag und gleichsam der Wiederkehr des Lichts zu gedenken. In Snogebaek wird dieser Tag schon seit Jahren mit einem schönen Ritual zelebriert. Das Dorf … Weiterlesen

Nun werden wir (auch) Dänen Teil 2: Einbürgerungstest und Antragsdschungel…

Teil 2 heißt Fortsetzung…. und zum Schluss kommt immer das Happy End 🙂 Darauf habe ich mich bei dieser „Serie“ von vornherein verlassen. Zumal ich ja selber der Regisseur dieses Mehrakters bin. In Teil 1 (hier noch mal zum Nachlesen 😉 … Weiterlesen

Mittsommer auf Bornholm: Das muss man erleben :-)

Gerade kommen wir  aus unserem Schweden-Urlaub zurück und haben am letzten Freitag schon den schwedischen Mittsommer gefeiert. Toll, dass wir das diesmal zweimal erleben können, denn Morgen ist Mittsommer in Dänemark. Auf Bornholm wird der „Sankt-Hans-Aften“, der Johannisabend, überall gefeiert. … Weiterlesen

Lebe dänisch: Ohne“hygge“ geht es nicht!

Kaum ein Wort im Dänischen beschreibt so treffend den dänischen Lifestyle und ist gleichsam so schwer zu übersetzen. Gemeint ist: HYGGE! Dieser Begriff steht wie kein anderer für die dänische Mentalität, bringt das Völkchen durch lange Winter und ist vielleicht die Erklärung, warum die Dänen als die glücklichsten Menschen gelten…

Vor ein paar Tagen saß ich bei dem Chefredakteur der Bornholmer Tageszeitung (Bornholms Tidende), Søren Rosenlund Christensen, um über den neuen Bornholmer Online-Shop zu sprechen und die Möglichkeiten, diesen auch den deutschen Kunden zugänglich zu machen. Ich beschrieb ihm, wie schön es wäre, wenn der deutsche Urlauber, der ja bekannterweise die Insel so liebt, sich als echter Fan mal ab und zu ein paar schöne Produkte nach Hause bestellen könnte. Eine kleine Kiste mit Schokolade, Schokoküssen, Bonbons, Honig, Öl, Pasta…“. Er meinte daraufhin: „Det vil være hyggeligt!“ und fragte mich in einem Atemzug, was eigentlich „hyggelig“ auf Deutsch bedeutet. Nachdem er mit erzählte, dass er in Tønder nahe der Grenze und mit der Sesamstrasse als abendliches Kinderprogramm aufgewachsen sei, versucht er es mit: „Das wäre gemütlich“. Daraufhin meinte ich vorsichtig, dass das nicht so ganz in diesem Zusammenhang passen würde. Ich versuchte ihm nun das deutsche Wort „Gemütlichkeit“ zu erklären und wir kamen zu dem Schluss, dass man „hygge“ erleben muss. Man muss Dänemark und im Besonderen natürlich Bornholm besuchen, um das Wort erfassen zu können. Søren konnte nach einem Jahr auf der Insel bestätigen, dass es auf Bornholm eben besonders „hyggelig“ zugeht.

Um die Gewichtigkeit des Wortes aufzuzeigen,  kann ich nur einen Satz zitieren, den ich immer wieder Menschen mitgebe, die bei unseren Lesungen im Sommer fragen, wie denn das Leben so im Winter auf Bornholm sei. Darauf antworte ich dann fast immer: „Man muss es lieben, sich zu hyggen, sonst hat man es schwer hier“.

Hygge liegt in der Luft
Auf Bornholm liegt „hygge“ einfach in der Luft. Du merkst es im Straßenverkehr, in den Einkaufsschlangen der Supermärkte, wenn du in der Apotheke oder der Bank die Nummer gezogen hast und geduldig wartest, dass du an die Reihe kommst. Die Menschen nehmen es gelassener, egal was es ist. Man hat irgendwie mehr Zeit als andernorts. Dies zieht eine Entschleunigung nach sich, die ich als reine „hygge“ bezeichnen würde.

Alles etwas kleiner, etwas süßer
„Hyggelig“ kann auch der kleine Vorgarten mit den schönen Stockrosen sein, oder das gelbe Fachwerkhaus mit den alten Dannebrogs-Fenstern und der Holzbank im verwilderten Garten.
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Der Bornholmer liebt es, hyggelig zu wohnen. Und diesen Wohnstil kann man schwer beschreiben. „Gemütlich“ ist da wohl schon die beste Übersetzung. Aber die Bornholmer „hygge“ ist eben stilmässig nicht mit der deutschen Gemütlichkeit zu vergleichen, bei der man sich auch schnell mal Gelsenkirchener Barock-Möbel mit Bierkrug garniert vorstellen kann. Die Bornholmer Wohn-„hygge“ fühlt man, wenn man sie sieht. Das Kleine, das Feine, das Alte mit dem Neuen kombiniert, die Liebe zu den Dingen und zum Detail.
Skandinavisches Design steht hoch im Kurs und die klaren Linien dieser Wohnstilart werden auf Bornholm oft kunstvoll mit Altem und Kuriosem kombiniert. Wenn man in die Fenster auf Bornholm schaut, die selten mit Gardinen verhängt sind, so erhascht man schnell einen Eindruck von Bornholmer Gemütlichkeit. Und wenn man dann vor so einem Fenster in Svaneke oder Gudhjem steht und entzückt ist,  würde der Däne sagen: „Ej , hvad er det hyggeligt!“
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Hygge heißt ins Feuer schauen
„Vi hygger os i aften“, wenn man so eine Verabredung für den Abend triff, so stehen die Zeichen bereit für einen gemütlichen Abend mit Klönen, Ofen an, Tee oder Kaffee. Also ist die wichtigste Anschaffung oder DAS Einrichtungsstück in einem Bornholmer Haus der Holzofen. Ich kann mir KEINEN Abend ohne meinen Ofen vorstellen. Der Ofen ist im Winter immer in Betrieb, die erste Amtshandlung nach dem Aufstehen heißt „Ofen an!“ und wenn man das Haus für mehrere Stunden verlassen hatte und nach Hause kommt, ist einer in der Familie dran mit… richtig: „Ofen an!“. Und das Tolle ist, das man damit bereits in Kürze eine ganz bestimmte Stimmung ins Haus gezaubert bekommt. Genau aus diesem Grund ist auch fast jedes Haus mit einem Holzofen ausgestattet und ich kann nur jedem Urlauber empfehlen, diesen zu benutzen, denn ein echtes Bornholm-Feeling erlebt man vor allem mit dem „brændeovn“, der idealerweise eine Scheibe haben sollte. Das ist übrigens auch im Sommer am Abend total „hyggelig“.

Nicht ohne meinen Kaffe
Hygge hat oft was mit dem leiblichem Wohl zu tun. Dazu gehört für den Bornholmer abends wie erwähnt gerne Kaffe und Kuchen oder Kekse. Warum gerade abends so gerne Kaffe getrunken wird, konnte mir bisher keiner beantworten. Egal ob man zum Elternabend, zur Vereinssitzung oder Arbeitsmeeting am Abend geht, man nimmt eine Thermoskasse Kaffe mit. Nun bin ich Teetrinker, aber das wird mittlerweile auch geduldet.

Freitagabend-hygge 
Der Freitagabend ist besonders heilig in den Bornholmer Familien. Für Eltern mit kleineren Kindern gibt es nur ein Programm: „Disneyshow“ und „slik“. „Slik“ sind Süßigkeiten, vornehmlich Haribo-Mix-Tüten. Als wir nach Bornholm kamen, waren unsere Jungs 6 und 4 Jahre altund ich hatte meine Kinder bis dahin als ordentliche deutsche Mutter fern gehalten von großen Süß-Orgien. Doch nun hieß es plötzlich, dass Freitags um 19.00 Uhr, passend zum Start der „Disneyshow“ im Fernsehen, echte Nasch-Feten abgefeiert werden sollten. Meine Kinder hatte schnell im Kindergarten und Schule gelernt, dass das hier so ist und wenn Freunde zum Spielen oder Übernachten eingeladen wurden, wurde ich verpflichtet, bitte –  genauso wie in allen anderen Familien – , bis an den Rand gefüllte Haribo-Schalen auf den Couchtisch zu stellen. Das war „hyggelig“, erklärte man mir von Kinder- und Erwachsenenseite. Kann ich bis heut enicht so nachvollziehen, aber woanders muss halt die Chipstüte zur Gemütlichkeit herhalten.

Hochsaison der „hygge“: Weihnachten
In der Weihnachtszeit packt der Däne alles aus, was die „hygge“ zu bieten hat. Die Weihnachtsfeiern heißen auf Dänisch „julefrokost“, werden aber nicht nur auf der Arbeit, sondern auch mit Freunden und Familie zelebriert. Und sobald Freunde und die Lieben alle um einen Tisch herum sitzten, man gemeinsam isst und trinkt, beginnt schon die hygge… gerne mit ein paar gemeinsam geträllerten Liedern und einem Schnaps 🙂 Dann steht der Monat Dezember eben auch ganz im Zeichen der Kerzen, der selbstgebackenen Kekse und des Schmalzgebäcks, der Jule-Märkte, der Jule-Dekoration und dem Basteln von Weihnachts-Schmuck.

Sommer-„hygge“ auf Bornholmer Art
Sobald die Sonne hochsteht, wird die „hygge“ nach draußen verlagert. Man trifft sich mit Freunden zum Picknick, die Klassen-Arrangements der Schule finden mit allen auf den Klippen oder am Strand statt, den Picknickkorb und die Thermoskanne mit Kaffe immer dabei. Im Sand sitzen, auf dem Grillplatz ein Lagerfeuer machen oder sich irgendwo mit Freunden zum Barbecue treffen, das ist „hygge“ pur.

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Hygge geht nur ohne Stress
Jetzt könnte man ja meinen, dass wir das alles genauso in Deutschland oder in anderen Ländern haben. Stimmt auch zum Teil, aber was der Däne so wunderbar hinbekommt ist, dass er alles ohne Stress macht. Wenn Freunde zusammenkommen, kommt keine Hektik auf und keiner läuft nervös ums Bufett, um zu checken ob auch alles da ist. Bei der Weihnachtsfeier sind alle, inklusive der Gastgeber, relaxt. Und beim Barbecue geht es locker ohne Dresscode und irgendwelchen Barbecue „must haves“ zu. Die entspanntesten „get together“ Veranstaltungen habe ich auf der Insel erlebt. Der Däne nimmt die Dinge, wie sie kommen, wie es ist. Wenn Ketchup fehlt, ist das auch nicht schlimm und zur Not wird alles mit dem Löffel gegessen, da das Besteck fehlt. Hauptsache alle bleiben im „hygge“-Modus. Und das ist das Geheimnis: Hygge funktioniert nur ohne Stress. Und daher funktioniert die „hygge“ besonders gut auf Bornholm!

Zusammengefasst würde ich sagen, dass „hygge“ am ehesten in Richtung „Es sich gut gehen lassen“ übersetzt werden kann. Und mit „schön, nett, niedlich, kuschelig“.
Aber das Wesentliche liegt in der Bedeutung des Wortes als „Lifestyle“. Denn es gibt Menschen, die die Bornholmer „hygge“ nicht aushalten können. Und denen „hygge“ nicht reicht. Wenn Bornholm aber mit EINEM Attribut protzen kann , dann ist es der Überschuss an „hygge“. Überall und immerzu. Das muss man mögen, muss das aushalten können. Und manchmal ist es das Einzige was bleibt, wenn alles andere wegfällt: Wenn Fähren wegen Sturm ausfallen, der Verkehr wegen Schneefall lahmliegt oder wenn die Touristen im Winter wegbleiben und die Stille über der Insel einfällt.
„Komm´ vi hygger os“ heißt es dann und der Ofen wird angemacht…

Wünsche Euch einen hyggeligen Abend!

Alles Liebe

Eure Steffi

Neujahrs-Vorsatz: Lebe dänisch! 12 Schritte zum Bornholmer Lifestyle

Weihnachten ist überstanden, Sylvester auch und wie jedes Jahr schlagen wir uns damit herum, neue gute Vorsätze für das neue Jahr zu finden…
In England hat die britische „The Telegraph“-Journalistin Judith Woods eine ganz einfache Antwort darauf gefunden: „Lebe mehr dänisch“  ist ihr Motto und in ihrem Artikel „Do the Danes hold the key to happiness in 2015“ filosofiert sie darüber, ob es Sinn macht, sich vorzunehmen, mehr Sport zu treiben, gesünder zu essen oder mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, oder ob man nicht gleich beschließen sollte, einfach den dänischen Lifestyle zu wählen. Und die Journalistin findet in der englischen Buchautorin Helen Russel gleich eine Mitverfechterin der dänischen Glückformel, denn diese schreibt nach ihrer Auswanderung in ihrem Buch The Year of Living Danishly: Uncovering the Secrets of the World’s Happiest Country, dass die Dänen das Glück mehr als einen permanenten „Geisteszustand“ sehen, und viel dafür tun, indem sie weniger arbeiten, mehr Zeit mit der Familie verbingen , sich selbst gerne etwas Gutes tun (wie zum Beipsiel Backen) und – nicht minder wichtig  – mehr Sex haben!
In ihrem Artikel sieht Judith Woods Gründe für das Glück der Dänen vor allem in der kürzesten Arbeitszeit in Europa, nämlich nur 34 Wochenarbeitsstunden, der niedrigen Korruptionsrate, des großen sozialen Verantwoetungsbewußtseins des einzelnen Bürgers und – wieder – in dem erfüllenden Sexleben im Norden ….

Lebe mehr „bornholmsk“!
Ich bin ja immer wieder total begeistert, wenn ich von anderen Seiten meine persönliche Wahrnehmung bestätigt sehe. Ich könnte mittlerweile auch ein Buch schreiben über das Lebensgefühl hier in diesem Lande. Nein, ich sollte lieber noch einen „draufsetzen“ und ein Buch darüber schreiben, was es heißt ein „Bornholmer“ zu sein. Denn auf der Insel lebt es sich noch mal um ein Quäntchen entspannter als im Rest des Dänenlandes… sagt der Lokalpatriot, denn so komme ich mir langsam vor. Nein, mal im Ernst, natürlich lebt der Bornholmer glücklicher, tiefenentspannter und gelassener, denn das war immerhin einer der Gründe, warum wir hierher ausgewandert sind :-).

Spiegel der Unentspanntheit
Schon damals im Urlaub haben wir es immer unglaublich gefunden, welche Ruhe, welchen Frieden wir hier erlebt haben. Alle waren freundlich (zumindest fast alle) und so herrlich gelassen. Damals hatte ich keine Ahnung, wie ich jemals so gelassen werden könnte. Ich war mit meinen damals noch SEHR kleinen Kindern im Dauerstress, keiner durfte laut sein, bitte nicht im Supermarkt irgendwas angrapschen und bloss nicht mit Softeis die Latzhose einsauen. Ich war wohl eine der unentspanntesten Mütter dieses Planeten und wurde blass vor Neid wenn ich diese NOA NOA-angehübschten dänischen Mütter beobachtete, die in aller Seelenruhe ihre Kinder das leckende Softeis und den vor Ketchup und Majo nur so triefenden Hotdogs essen ließen.
Minolta DSCAußerdem durften ihre Kinder auch noch glücklich durch die Gegend toben, ohne dass gleich ein lautes „Pass auf Peter, da kommt ein Auto“ oder „Jasmin, steh bitte auf und mach dich nicht dreckig“ zu hören war. Es gibt unzählige Beispiele, die mir in den letzten Jahren den Spiegel der Unentspanntheit vorgehalten haben. Und ich habe daraus gelernt. Heute würde ich behaupten, dass ich schon ein ganzes Stück dänisch, oder besser „bornholmsk“ bin. Ich habe zugeschaut, wie alle es hier machen und habe nachgemacht. Und es ist herrlich! Ich fühle mich gesünder und glücklicher als je zuvor! Das solltet Ihr auch mal machen, wenn Ihr im Urlaub seid, denn das tut soooo gut, ein „Bornholmer“ zu sein. Ein guter Vorsatz für das neue Jahr. Kann man auch schon Zuhause anwenden und üben, dann ist man schon entspannt, wenn man auf der Insel ankommt! Viel Spaß!!!
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12 Schritte zum Bornholmer-Lifestyle :

1. Ist Euch schon mal aufgefallen, dass Ihr hier nie schreiende und entnervte Eltern trefft (also keine dänischen 😉  ) . Ich weiß nicht wieso, aber die gibt es hier nicht. Und das ist nachahmenswert!!! Weist also niemals Eure Kinder zurecht, tadelt sie nicht, schreit sie nicht an! Vertraut ihnen stattdessen und lasst ihnen Freiheit, Auslauf und Raum zum Entdecken! Macht mehr Spaß, das werdet Ihr sehen!!!
P.S: Das gilt auch für Hunde und Hundebesitzer :-))

2. Der Insulaner drängelt nicht in der Schlange im Supermarkt. Und nörgelt nicht über das zu langsame Personal. Er steht stattdessen gelassen in der Reihe und wartet… Das könnt Ihr auch schon mal üben und macht ein paar Atemübungen dabei und denkt einfach, dass Ihr Urlaub habt. Keine Eile!

3. Hier müsst Ihr mal nicht die schnellsten sein. Rasen lohnt nicht und stresst total! Also einfach 80 Stundenkilometer auf der Schnellstrasse fahren und die Aussicht genießen! Und (siehe Punkt 1) nörgelt nicht mit dem Kids auf der Autofahrt rum sondern lächelt einfach vor Euch hin, wenn sie hinten etwas lauter sind. Für Zuhause zum Üben: Einfach mal das vorgeschriebene Tempo fahren und nicht „auf der Flucht“ sein  :-)).

4. Auf Bornholm ist es ganz normal, dass man bei Freunden oder Nachbarn einfach vor der Tür steht, ohne sich anzumelden. Guckt also auch mal spontan bei Bekannten vorbei, ganz ohne Geschenk und ohne Entschuldigung für das Hereinplatzen. Vielleicht machen die anderen das dann nach und man fühlt sich gegenseitig willkommen!

5. Grüßt die Leute, die Euch entgegenkommen. Lächelt dabei und es kommt ein Lächeln zurück! Gilt auch für Jogger, denn man darf gerne mal den anderen „Sportsfreund“ anlächeln, statt ständig angestrengt auf den Puls-Schritt- oder Wasweißich-Zähler am Handgelenk zu gucken.

6. Lasst Feierabend Feierabend sein. Familie hat Vorrang. Zuhause wartet jemand auf Euch, also geht einfach pünktlich nach Hause und lasst die Überstunden nach. Die Arbeitgeber auf Bornholm sind Arbeitnehmer-freundlich und haben im Blick, dass zu einem Angestellten auch ein Privatleben gehört. Ein guter Tipp für alle Chefs in Deutschland!

7. Besserwissen gilt nicht! Der Bornholmer lässt gerne die Meinung des anderen stehen und meint nicht, sofort mit dem eigenen „Senf“ kommen zu müssen. Wenn man DAS erst mal verstanden und erprobt hat, wirkt es sehr tiefenentspannend, denn das Spielchen „Ich hab´ Recht, du hast Recht“ hat ein Ende.

8. Dresscode war gestern! Der Bornholmer geht in Gummistiefeln einkaufen, im Blaumann zum Elterntreffen und in Wathose in die Tankstelle. Und das Tollste: Es guckt keiner komisch! Herrlich!

9. Altes wird gepflegt und wieder aufgearbeitet. Secondhand-Läden haben Hochkonjuktur und man fährt regelmässig zur BOFA (dem Müllplatz), um zu schauen, welche Schätzchen der Nachbar da so weggeschmissen hat. Altes wird wieder blank geputzt und es ist einem gar nicht peinlich, wenn man nicht immer das Neueste hat.

10. Status ist Nebensache. Mit großem Auto, teuren Designer-Klamotten oder Protz-Villa kann man bei den Bornholmern nicht punkten. Understatement ist angesagt und wer große Töne spuckt, sieht in geselliger Runde eher alt aus. Sehr angenehm, wenn Ihr mich fragt.

11. Wer was auf sich hält, hat ´nen Anhänger… Ist glaube das ist des Bornholmers liebstes Kind. Am Samstag macht jeder Gartenarbeit oder irgendwo Holz für den Winter … und da ist der Anhänger Pflicht. Wir haben noch keinen, aber dafür tauschen wir bei Bedarf immer mit den Nachbarn Auto gegen Anhänger, denn die haben beim Kauf ihres Autos nicht an die Anhängerkupplung gedacht 😉

12. Last but not least: Man geht ans Meer! Und meistens mit Hund!

So, das ist mal ein Anfang…. Fortsetzung folgt :-)) Und berichtet mal, wie das Experiment so zu Hause gelingt …

Alles Liebe

Eure Steffi