Die gestrige Reise zum Transportminister sollte eine Lehrstunde in Demokratie, in Willenskraft, Durchhaltevermögen und positivem Denken sein! Hanne Nimskov, die hinter der Unterschriftensammlung gegen den neuen Verkehrsvertrag steht, ist eine faszinierende Persönlichkeit, die wirklich Vorbild-Charakter hat.
Ich traf Hanne persönlich das erste Mal, als ich gestern um 5.10 Uhr den Bus in Nexø betrat, der unsere Protestgruppe nach Kopenhagen direkt zum Transportministerium fahren sollte. Hanne nahm mich herzlich in die Arme, schaute mich fest an und dankte mir für mein Kommen und mein Engagement. Ich spürte sofort: Das hier ist ein ganz besonderer Mensch! Kein Wunder, denn das was sie in den letzten zwei Monaten geschafft hatte, sucht seinesgleichen. 26.261 Unterschriften innerhalb von sieben Wochen!
Unermüdlich hat sie gekämpft. Gestern war dann ihr großer Tag, denn um 15.30 Uhr hatte der Transportminister Magnus Heunicke genau 10 Minuten seiner Zeit abgeknapst, um die Unterschriften entgegen zunehmen. Facebook hatte die Gerüchte schon im Vorwege ins Ministerium getragen. Hanne kommt mit einem Protestbus mit einer Gruppe von Bornholmern! Magnus stand in letzter Zeit unter ziemlichem Mediendruck, denn Hanne verfügt als ehemalige TV-Journalistin über wertvolle Medienkontakte, die sie jetzt geschickt und vehement nutzte. So war der Bus schon morgens zur Fährabfahrt mit einer Handvoll Journalisten gefüllt.
Um 8 Uhr lief das erste Live-Interview auf dem landesweiten Fernsehkanal und ein Radio-Interview ging über den Äther.
Mit an Bord waren ein Dutzend Lokalpolitiker, die versuchten, sich gut in Szene zu setzten. Denn allen war klar, dass ihre Parteikollegen in Kopenhagen bei den Verhandlungen des Verkehrsvertrages kläglich versagt hatten. Jetzt galt es, die Eisen aus dem Feuer zu holen. Die Bürgermeisterin ließ sich wegen Krankheit entschuldigen und eine Parteikollegin überbrachte im Bus Grüße an alle. Man nahm diese freundlich entgegen, aber hörte es auch munkeln, dass sich Winnie vielleicht einfach nicht traute, denn das Versagen in dieser Sache könnte sie bald das Amt kosten.
Die Busfahrt von Ystad nach Kopenhagen war heiter. Es wurde „Bornholm, Bornholm, Bornholm“ geträllert und Hanne teilte Schokolade, Weingummis und Getränke aus, ohne auch hierbei dankbar zu erwähnen, wer was gesponsert hatte.
Nebenbei kam die Frage auf, ob denn die Fähre die Fahrt oder Essen an Bord für alle gesponsert hätte, was leider mit einem Nein beantwortet wurde. Absolutes Unverständnis von allen, zumal wir gerade dabei waren, denen das Fell zu retten …?! Aber das ließ die Laune nicht trüben und voller Optimismus und Tatendrang kamen wir mir „Johns Bus“, der mit seiner neuen Route 700 direkt von Bornholm nach Kopenhagen fährt und diese Tour gratis gefahren ist, in der Hauptstadt an.
Dort warteten nun Treffen mit verschiedenen Parlaments-Mitgliedern fast aller Parteien auf Hanne und einem Vertreter des „Passagerforening“.
Der Rest der Gruppe wurde derweil wiederum von Vertretern unterschiedlicher Parteien durch das Parlamentsgebäude geführt. Dabei wurde Smalltalk gepflegt, aber auch immer wieder die Bornholmer Sache vorgetragen, so dass jeder Politiker zum Abschluss seiner Guiding-Runde versicherte, dass er sich für den Bornholmer Verkehrsvertrag einsetzen würde.
Wir bemerkten, dass im Gebäude höchste Sicherheitsstufe galt, denn alleine durften wir uns gerade mal auf die Toilette bewegen. Sofort war im Gedächtnis, was vor gerade mal 10 Tagen in der Hauptstadt passiert war.
Vor dem großen Treffen mit Magnus wurden wir noch in das Christiansborg Schloss geführt, das die Königin für Repräsentationszwecke nutzt. Wir wandelten mit Ehrfurcht durch beeindruckende Säle der Monarchie-Geschichte.
Dann war es soweit. Alle sammelten sich zum vereinten „Marsch“ zum Transportministerium. Wieder mit großem Medieninteresse!
Dort wurden wir empfangen und es hieß, dass der Minister zum vereinbarten Zeitpunkt in die Eingangshalle kommt, um die Unterschriften entgegen zu nehmen.
Als er dann schließlich kam, empfingen wir ihn mit der „Bornholm. Bornholm, Bornholm“-Hymne. Und dann folgte eine herzliche Umarmung der beiden Hauptdarsteller, die jetzt schon eine Art Geschichte verband, denn immerhin war es ja schon das zweite Mal, dass Hanne und Magnus sich in dieser Sache in die Augen schauten. Hanne hielt ein kurze und knackige Ansprache, in der es nie an Witz und Herzlichkeit fehlt, stets gepaart mit dem nötigen Ernst und direkten, manchmal auch scharfen Worten: „Magnus, als ich heute Morgen um halb vier aufwachte, hab ich als erstes an dich gedacht! Ich habe eine Bitte an dich: Erinnere dich daran, dass du auch der Transportminister von Bornholm bist. Wir haben dir ein Geschenk mitgebracht. 26.261 Unterschriften und ein Puzzle, damit du jetzt daran arbeiten kannst, den richten Verkehrsvertrag für Bornholm „zusammen zu puzzeln“. Der Minister schmunzelte und war beeindruckt von den vielen Menschen, die sich in seiner Eingangshalle drängelten. Er fragte kurz seinen Sekretär, wann er bei seinem nächsten Ausschuss sein müsse und meinte spontan: „Habt Ihr Lust, auf einen Kaffee mit hoch zu kommen?“ . Klar, das hatten wir!
Und so drängelten sich die gut 30 Leutchen in seinem Büro. Kaffeekannen und Tassen kamen auf den Tisch. Magnus schenkte den Kaffee in seine gerade überreichte „SOS“-Tasse ein und sorgte eigenhändig dafür, dass alle mit Kaffee versorgt waren.
„Ich habe noch nie erlebt, dass in so kurzer Zeit so viele Unterschriften in einer Sache gesammelt wurden. Ich bin wirklich beeindruckt!“, zeigte sich Magnus Heunicke sichtlich überrascht von dem Ergebnis der Protestaktion. Hanne begann ihre Ansprache mit der durch den Verkehrsvertrag gefährdeten Deutschland-Route nach Bornholm. „Magnus, ist das das Signal, was wir Dänen nach Deutschland senden wollen, nämlich das die Deutschen nicht mehr erwünscht sind?“ Der Transportminister war deutlich irritiert von dieser Frage und versuchte die richtigen Worte zu finden, um nicht zu viel und nicht zu wenig zu versprechen.
Er versprach, alles dafür zu tun, den bestehenden Verkehrsvertrag zu verbessern. Er könne jedoch nicht zusagen, dass die Verhandlungen komplett neu aufgenommen werden. Dies würde bedeuten, dass alle Parteien ihr Ja dafür geben müssten und das würden sie nur tun, wenn ein bestimmter Etat schon im Vorwege dafür zur Verfügung stünde. Es gäbe aber den Weg einer zweiten Verhandlungsphase, in der man die Interessen der Bornholmer jetzt einfließen lassen würde und versuchen würde, die beste Lösung für die Insel zu finden.“
Es blieb ein gutes Gefühl bei allen Beteiligten. Hanne selbst war sehr zufrieden mit dem Treffen. „Er war wirklich gerührt von den vielen Unterschriften und man konnte merken, dass das was mit ihm gemacht hat. Er wird sich für Bornholm einsetzen, da bin ich mit sicher. “ Es gab auch ein paar kritische Stimmen, die meinten, dass der Minister wieder einmal nichts konkretes zugesagt hat, wie schon bei seinem Besuch auf Bornholm, bei dem er mit Hanne in ihrem Wohnzimmer saß. Aber Hanne und viele andere sehen das optimistischer. Hanne setzt darauf, dass Bornholm gehört wurde und erst jetzt die Politiker die Problematik fassen und im wahrsten Sinne des Wortes „mit dem Herzen“ dabei sind, denn erst jetzt werden ihnen die Auswirkungen klar, die der Verkehrsvertrag mit sich ziehen würde.
Die Protestaktion hat die Problematik lebendig gemacht, jetzt spricht nicht das Papier, sondern Tausende von Menschen, die diesen Vertrag nicht wollen. „Es gibt keinen Zweifel, dass von jetzt an die Reservefähre Vorrang vor billigeren Fahrpreisen haben wird“, so die Einschätzung von Bjørn Carlsen vom „Passagerforening“. Bisher war die Reduzierung der Fahrpreise das Hauptziel des Vertrages, doch nun kann es sein, dass dieses Ziel revidiert wird und stattdessen das Geld für den Einsatz einer Reservefähre eingesetzt wird.
Auf der Fahrt zurück waren alle sichtlich entspannt, aber auch erschöpft. Hanne weiß, dass der Kampf noch nicht vorbei ist, aber wir alle rieten ihr dazu, mal ein paar Tage „frei“ zu machen und abzuschalten. Immerhin kommt ja noch eine weitere Delegation zum Transportminister. Am 9.März fahren die touristischen Vertreter nach Kopenhagen, auch mit einem Sack voller Argumenten, Zahlen und Zielen.
Der Kampf geht weiter und wie schrieb mir ein Freund aufmunternd auf Facebook: „Venceremos“ ! „Wir gewinnen!“ Wer daran nicht glaubt, braucht den Kampf erst gar nicht zu beginnen. Diesen Satz zum Schluss an alle Pessimisten da draußen, die all das Engagement schwarz malen und klein reden. Ich habe eine tolle Lektion von Hanne gelernt – und von der Demokratie in Dänemark. War schon cool, so einen volksnahen Minister zu sehen und wie las es sich gestern nach dem Treffen auf der facebook-Seite von Magnus: „“Bornholm, Bornholm, Bornholm“, so ertönte es heute im Transportministerium, als 26.500 Unterschritten abgegeben wurden. Ich habe die Delegation auf einen Kaffee in mein Büro eingeladen. Danke für den Einsatz und Euer Engagement. Ich meine, dass uns diese „Manifestation“ hier auf Christiansborg jetzt verpflichtet“.
Wenn es nach mir ginge, würde Hanne jetzt schon einen Platz in der „Hall of Fame“ auf Bornholm bekommen. Vielleicht eine Idee, diese erstmals für die zu errichten 🙂 Hanne, du bist der tollste Mensch, den ich seit Langem getroffen habe und ich ziehe meinen Hut vor so viel Energie, Kampfgeist, Mut, Durchhaltekraft – und das alles gepaart mit einem großen Herzen. Toll, dich zu kennen!
P.S: Und tausend Dank an Euch alle, die bei der Umfrage mitgemacht haben. Ich konnte 502 Stimmen in Christiansborg abgeben, das Ergebnis hat Eindruckt gemacht! Seit Dienstag sind es noch 586 geworden!!! Super! Ihr könnt weiterhin abstimmen, ich liefere die Ergebnisse dann später aktualisiert an das Ministerium bzw. einen politischen Vertreter. Die Umfrage und das Ergebnis findet Ihr hier, einfach auf „View results“ drücken.
Liebe Grüße
Eure Steffi