Integration: Ein persönlicher 11-Punkte Check-up

Integration. Ein viel diskutiertes Thema derzeit. Mich berührt dieses Thema besonders tief, denn ich habe eine Ahnung davon, was das für jeden einzelnen Menschen bedeutet. Für mich ist es seit neun Jahren ein Thema und ich musste schon oft Rede und Antwort stehen, wie es denn nun so klappt und geht mit der Integration. Und wir sind in einen Kulturkreis gegangen, der dem deutschen sehr nahe ist (oder scheint?!).
Tja, wie steht es denn mit unserer Integration? Sind wir genug integriert? Und woran bemisst sich das?
Eine SEHR PERSÖNLICHE Bestandsaufnahme:

  1. Sprache ist das A & O
    Für mich war es von Anfang an klar, dass der Sprachunterricht höchste Priorität hat. Meine Wortlosigkeit nachdem wir nach Bornholm gekommen waren, war bedrückend und hat mein Lebensgefühl und meine Persönlichkeit eingeschränkt. Sich nicht mitteilen zu können, war für mich einfach furchtbar. Ich wollte Menschen treffen, mich mit ihnen austauschen, Freundschaften knüpfen. Und ich wollte im wahrsten Sinne des Wortes mitreden können, sei es in der Schule, in dörflichen Angelegenheiten, im Sportverein, bei Diskussionen  im Freundeskreis. Einige Freunde meinten, dass doch Englisch reichen würde. NEIN, das tut es definitiv nicht, nicht für mich, das konnte ich fühlen. Never, und vor allem nicht auf Bornholm!
    Nach einer Woche hatten wir die erste privaten Dänisch-Stunden bei einer pensionierten Deutschlehrerin aus dem Nachbardorf. So konnten wir uns schon nach Kurzem mit Drei-Wort-Sätzen verständigen. Es folgten drei Jahre Sprachschule, zweimal die Woche abends. Das hat echt was gebracht und ich bin sehr dankbar für dieses (fast) kostenlose Angebot für Ausländer, das es die ersten drei Jahre nach der „Einreise“ gibt. Am Ende stand das Examen in „Dansk 3“, was jetzt seit Neuestem auch die Voraussetzung für die Dänische Staatsbürgerschaft ist.
    Aber damit eines klar ist: Wir sprechen Zuhause NUR deutsch. Alles andere wäre Unsinn. Wenn Dänen zu Besuch sind oder wir uns unter Dänen befinden, so sprechen wir dänisch, aber nicht dogmatisch. Vieles kommt auf die Zusammenhänge an und manche Dinge, kann ich nur auf deutsch ausdrücken, z.B. kann ich nur auf Deutsch „schimpfen“  😉
    Das nur mal zum Nachdenken, wenn man immer verlangt, dass Ausländer doch bitte nicht soviel ihrer Muttersprache untereinander sprechen dürften.

    2. Die eigene Sprache zum „Ankommen“ 
    Muttersprache ist Wurzel, ist Identität. Ist Anker, ist Trost. Ist Heimat. Ist ein warmes Gefühl. Ist Ankommen. Gibt Halt. Verbindet. Das gilt für beide Richtungen. Doch nimmt man mir meine Sprache, nimmt man mir alles. Das ist wichtig, im Blick zu haben, wenn man über Integration spricht. Nicht den Menschen das nehmen, was sie zusammenhält. Sondern genau dies als Fundament zu nehmen, um Neues aufzubauen.
    Und ich weiß aus eigener Erfahrung, wie viel Funktionen die Sprache hat, wenn man neu ankommt. Mir hat es immer sehr wehgetan, wenn Menschen in meinem Umfeld verlangt haben, dass ich doch bitte Dänisch mit meinen Kindern sprechen sollte. Welch Unwissen über Bilingualität! Welch Mangel an eigener Erfahrung!

    3. Freundschaften knüpfen
    Wir sind mit zwei Kindern gekommen. Und unserer oberstes Ziel war es, Kontakt zu Dänen zu bekommen. Die Kindern sollten sich nicht „anders“ fühlen, nicht „die Deutschen“ sein… Und wir wollten nicht als „typisch deutsch“ auffallen. Daher meldeten wir schnell unser deutsches Auto um. Daher holten wir uns lokale Handwerker zum Renovieren unseres Hauses. Daher machten wir zur Eröffnung unserer „Fotogalerie“ ein kleines Fest, zu dem wir alle Nachbarn einluden. Daher bauten wir nicht von Anfang an ein Netzwerk an deutschen Bekannten auf (es gibt über 300 Deutsche auf Bornholm!).
    Wir waren sehr dankbar, dass es am Anfang einige sehr liebe Menschen gab, die uns integrieren WOLLTEN !!! Gleich nach einer Woche wurden wir von Carsten, einem Anglerfreund aus Snogebæk, zu einem Grillfest in seinen Garten eingeladen. Wir sprachen gerade mal zwei Worte dänisch und der Abend war für alle eine Herausforderung. Eine tolle Geste! Und unser lieber Nachbar Knud, der ein Busunternehmen hat, lud uns im Dezember gleich zu seiner Firmen-Julefrokost (Weihnachtsfeier) ein. Und wir saßen zusammen mit 100 anderen „echten“ Bornholmern … da half nur viel Lächeln, essen, Schnaps trinken und tanzen. Diese Erlebnisse haben sich tief in unsere Herzen gebrannt. Warum haben die Menschen das getan? Weil sie uns integrieren WOLLTEN! Daher weiß ich, dass man sich noch so sehr selber integrieren möchte und doch bedarf es ANDERER Menschen, die einen aufnehmen in die Gesellschaft. Nur dann gelingt es. Danke an alle, die das getan haben. Vor allem auch Kurt, unserer erster Handwerker, mit dem mein Mann nicht ein Wort reden konnte, da er nur „Bornholmsk“ und KEIN Englisch sprach. Udo und er hörten laut „Katie Melua“, summten mit und man verstand sich ohne Worte und nur mit dem Hammer  😉 Kurt und seine Frau wurden unsere ersten richtigen Freunde auf der Insel und heute können wir wunderbar miteinander diskutieren. Doch am Anfang verlangte es sehr viel Geduld und Herz von den beiden, uns immer wieder dazuzuladen: Zur Konfirmation, zum Geburtstag, zum Grillfest. Das war SOOO wichtig für uns. Danke dafür ❤️

    4. Dorfgemeinschaft leben
    Ja, man muss es selber WOLLEN. Sich integrieren in die Gemeinschaft. Und das ist Arbeit, tägliche Arbeit. Vom ersten Tag an grüßten wir mit immer gleichbleibender Freundlichkeit unsere Nachbarn und eigentlich alle im Dorf, die uns entgegen kamen. An manchen Tagen fiel es schwer, vor allem die Fischer unten am Hafen waren eine wiederkehrende „Prüfung“, denn die guckten einen nur muffelig an und es kam keinerlei Reaktion. Ich beruhigte mich dann immer mit dem Gedanken, dass das bei Fischern eben so ist, egal ob man Ausländer ist oder nicht. Nur nicht persönlich nehmen. Es gehörte in den ersten Jahren immer wieder viel Mut dazu, sich unter die Menschen zu mischen. Ich meldete mich als Freiwillige für das Hafenfest im Sommer. Ich hatte wirklich keine Lust, aber ich wußte, dass man das so tut als „Snogebæker“. Ich musste mich überwinden, denn da war immer die leichte Befürchtung, dass man etwas nicht versteht oder sich außen vor fühlt, wenn alle zusammen stehen und plaudern. Und so war es. Immer wieder. Und es gibt kein anderes Rezept als: Aushalten! Aushalten und immer wieder in die Situation gehen. Es wird besser, von mal zu mal.
    Und wir haben uns versucht einzubringen, sei es mit Mithilfen, mit Spenden für den „Strandlauf“ im Sommer oder das „Hornhecht-Festival“. Oder mit der Ausschmückung des Versammlungshauses mit Udos Naturfotografien. All das kam von Herzen, denn wir lieben Snogebæk und mögen die Menschen, die hier leben. Und heute weiß ich, dass wir immer „Die Deutschen“ bleiben werden, doch dass das nicht böse oder ausgrenzend gemeint ist. Und mittlerweile verstehe ich das auch nicht mehr als Schimpfwort (am Anfang war ich da viel empfindlicher) … Würde man die Nachbarn, die als Dänen nach Deutschland ins Dorf ziehen, nicht auch „Die Dänen“ nennen? Ja, das würde man.

    5. Die Schule
    Das Engagement in der Schule war mir sehr wichtig. Das war einer der Haupt-Motivationspunkte, um so diszipliniert die Sprachschule zu besuchen. Ich musste zu Elternabenden, zu Lehrer-Gesprächen, bei den Hausaufgaben helfen, Beurteilungen lesen und verstehen können.  Ich erinnere mich noch mit Horror an meinen ersten Elternabend in der Schule. Wir waren gerade mal zwei Monate auf Bornholm. Ich saß mit ca. 20 anderen Bornholmern (NUR Bornholmern!) im Klassenzimmern, jeder sollte den eigenen Namen und den seines Kindes sagen. Mein Herz klopft mir bis zum Hals und als ich an die Reihe kam, sagte ich meinen einen, auswendig gelernten Satz auf … und es war geschafft. Welch Erleichterung. Und alle quatschen durcheinander, in reinem Bornholmer Dialekt und ich verstand nicht ein einziges Wort. Also: Wieder mal lächeln und aushalten. Die Lehrerin war ein Schatz und warf  mir ab und zu ein paar aufmunternde Blicke zu. Das tat gut. Ich verstand nur Bahnhof und ging als ich nach Hause kam wortlos zu Bett. Nächsten Tag hatte ich Kopfschmerzen. Ich hatte die ersten Monate sowieso oft Kopfschmerzen, denn mir brummte der Kopf von all diesen neuen Eindrücken und vor allem von der Anstrengung, diese neue Sprache lernen zu müssen bzw. zu wollen.
    Ich ging und gehe immer zu jedem Elternabend und zu jedem Lehrergespräch. Und es ist mir die ersten Jahre schwer gefallen. Immer wieder. Aber ich habe es für meine Kinder getan und weil ich glaube, dass genau DAS ein wichtiger Teil der Integrationsarbeit ist. Die Lehrer erzählten mir vermehrt, dass es leider oft so ist, das ausländische Eltern nicht zu Elternabenden und Gesprächen erscheinen würden, wohl meist auch Angst und der sprachlichen Problematik. Und ich muss selber eingestehen, dass schon sehr viel persönliche Stärke dazu gehört, diesen Weg immer wieder konsequent zu gehen.6. Der Job
    Ja, ich habe versucht, mich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Und tatsächlich aus dem Gedanken heraus, dass ich mich somit besser integriert fühlen könnte. Die Sprache besser lernen, besser „ankommen“. Meinen ersten Job als Naturführerin bei „Natur Bornholm“ hat mich sprachlich extrem gefordert. Ich musste mit dänischen Kindern und Jugendlichen arbeiten und denen die geologische Entstehungsgeschichte der Insel erklären und Natur-Fachwissen vermitteln.  Ich hatte mich initiativ auf einen Job beworben und fand es total klasse, dass man mir das zutraute. So sprang ich ins kalte Wasser… und schwamm. Ich hatte mir bewiesen, dass es geht, aber nur mit großen Mühen. Ich habe mich damals eindeutig überfordert und kündigte den Job nach ein paar Monaten. Danach gab es noch andere „Anläufe“, doch ich spürte immer mehr und mehr, dass ich mich in meiner eigenen Sprache mehr „Zuhause“ fühlte. Immerhin habe ich als Jounalistin und PR-Beraterin immer mit Kommunikaton gearbeitet und es frustrierte mich wirklich, dass ich auf dem Niveau eines Drittklässlers Dänisch schrieb. Selbst jede Mail enthielt noch Fehler. Selbstzweifel plagten mich, mein Selbstbewußtsein litt darunter. Ich erkannte, dass ich einen Kampf gegen Windmühlen kämpfte. Ich musst erkennen, dass ich NIE fehlerfrei Dänisch schreiben und damit eine journalistische Arbeit oder ein PR-Berater-Job nicht machbar sein würde. Nach der erst schmerzhaften Erkenntnis kam die Entscheidung, meine STÄRKEN zu nutzen, nämlich meine Deutschkenntnisse. So arbeitete ich zum Beispiel als Übersetzerin. Auch dieser Blog ist ein Ausdruck davon, ich selbst zu sein, meine Stärken zu nutzen und mich trotzdem als ein Teil der dänischen Gesellschaft zu fühlen. Nein, für mich ist ein dänischer Job nicht wichtig für meine Integration. Ich fühle mich mit meinen deutschen Wurzeln und dem wie ich damit Geld verdiene sehr wohl. Und es würde sich falsch anfühlen, es anders zu tun.

    7. Deutsche oder dänische Weihnacht?
    Beides irgendwie. Bei uns ist es mittlerweile ein Mix aus geworden. Den Nikolaus gab es nur noch im ersten Jahr nach der Auswanderung. Danach wurde er von den dänischen „Nisser“ abgelöst. Santa Lucia und das Wintersonnenfest ist als dänische Bereicherung in unseren Dezember eingezogen. Heiligabend singen wir keine dänischen Weihnachtlieder, essen kein dänisches klassisches Weihnachtsessen und tanzen nicht um den Weihnachtsbaum. Ich schmücke den Baum glaube ich eher deutsch und es gibt auch kein „Mandelgeschenk“ im „risengrød“ :-).

    8.  Ungeschriebene Gebräuche
    Tja, und so gibt es sicher so Einiges, das wir mittlerweile einfach so assimiliert haben, ohne dass es uns so richtig bewußt ist … Die dänische Gelassenheit. Das Vorbeischauen bei Bekannten, ohne sich vorher anzumelden. Das Einladen zum Abendessen um 17.30 (!!!). Die dänischen Flaggen auf der Geburstagstorte und auf dem Tisch. Das „tak for mad“ als Dankeschön nach den Mahlzeiten. Das Sommer- und Wintersonnenfest. Das Sankt Hans-Feuer zum Mittsommer. Und und und …. 

    9. Was kommt auf den Tisch?
    Ich glaube ich koche und backe nach wie vor fast ausschließlich deutsch. Am Anfang gabe es auch noch alles aus Vollkorn und aus der Getreidemühle und ich erinnere mich, dass die dänischen Kinder beim ersten Kindergeburtstag die Nase über den etwas „anderen“ Kuchen rümpften. Auch die „pølsehorn“ (Hefehörnchen mit eingebackenem Würstchen), die man klassisch zum Kindergeburtstag serviert, waren mit Vollkornmehl gebacken und das hat man hier vor acht Jahren noch nicht angerührt ;-). Auf Wunsch der Kinder ging ich dann voll auf die dänischen bzw. Bornholmer Back-Traditionen über: Alles mit viel Zucker und viel Weißmehl. Außerdem gab es damals Unmengen von Brause zum Geburtstag, was mir als „Öko-Mutti“ voll gegen den Strich ging. Aber was tut man nicht alles der Integration zuliebe? Mittlerweile habe ich diesen Teil der Integrationarbeit überwunden und stehe wieder voll zu meiner Art der Ernährung. Bei uns gibt es das, was wir mögen und das ist eben ein guter Mix aus allem. Typisch dänisch koche ich immer noch nicht 😉 Und das ist auch ok so für mich .

    10. Welche Lieder singen wir?
    Ich kenne nach all der Zeit zwar viele Lieder, aber kann nicht ein einziges ohne Textvorlage mitsingen. Ich bin mit deutschen Liedern aufgewachsen, habe meinen Kindern deutsche Schlaflieder vorgesungen. Und auch meinen Enkeln werde ich wohl „Schlaf Kindchen schlaf“ vorträllern. Manches lernt man nie und will es nicht lernen. Ich merke einfach, dass ich da keine Ambitionen habe, dänisch zu denken oder zu handeln. Das Gleiche gilt für „Stars & Sternchen“ . Ich kenne nicht wirklich viele dänische Schauspieler oder Sänger. So ein „Wissen“ kann man einfach nicht aufholen, glaube ich. Genauso wenig wie Kindheitserinnerungen oder Erfahrungen aus der Jugend. So ging ich zum Beispiel einmal mit zu einer „90-iger Party“. Ich dachte natürlich, dass da Musik aus dem Jahrzehnt gespielt wird, wie sich sie kenne. Tatsächlich wurden nur dänische Mitgröhl-Songs gespielt, alle haben sich köstlich amüsiert und ich habe doof geguckt. So muss es einem Ausländer in Deutschland gehen, wenn man ihn zu einer „Neue Deutsche Welle-Party“ mitnimmt 🙂

    11. Tatort oder Medienkonsum
    Der „Tatort“ ist jeden Sonntag-Abend ein „Muss“, auch schon bei den Kindern. Komisch , oder? Meine Schwester lebt seit fast 35 Jahren in Paris und ihr geht es genauso :-). Ja, wir schauen deutsches  Fernsehen, meine Männer die Sportschau. Sind wir deshalb weniger integriert? Ich meine Nein. Wichtig ist ja  nur, dass man auch das Interesse für das dänische Programm hat. Ich kann mich an das dänische Fernsehen einfach manchmal nicht gewöhnen, finde viele Sendungen schlichtweg langweilig. Aber es gibt eben auch viele tolle Filme, und genialerweise eben immer im Original mit Untertiteln. Ich weiß, dass man mit dänischem Fernsehen am besten die Sprache lernen kann. Daher schalte ich auch immer mal wieder ein, aber die Tagesschau schauen wir eben im deutschen Fernsehen. Schon deshalb, weil ich auch auf dem Laufenden sein möchte, was in meiner Heimat passiert. Heißt das, dass man nicht willig ist, sich zu integrieren? Die lokale Tageszeitung „Bornholms Tidende“ lesen wir täglich. Gleichzeitig im Sommer die „Hamburger Morgenpost“ oder den „Stern“. Sagt das etwas darüber, ob wir „gute“ oder „schlechte“ Dänen sind?

Fazit:
Integration ist nicht etwas, das nach einem „Schema F“ zu beurteilen ist. Sicher gibt es Grundvoraussetzungen. Dazu gehört meiner Meinung nach die Sprache. Aber wieviel einheimisches Fernsehen dann in der Familie geschaut wird, welche Zeitschriften gelesen werden, wie oft man sich mit eigenen Landsleuten trifft, was Zuhause gekocht wird etc. – wer hat das Recht, das Niveau der Integration danach zu beurteilen?
Für mich ist Integration etwas, was man selber spürt – und was mein Gegenüber spürt. Bin ich angekommen? Ist das hier meine Heimat? Versteht man mich und verstehe ich die anderen, sowohl sprachlich als auch im Denken? Und Integration hat immer zwei Seiten. Zum einen meinen Willen und mein Engagement, mich in die Gesellschaf einzufügen. Und auf der anderen Seite, der Wille und das Engagement, mit dem ich aufgenommen werden. Wenn beides da ist, kann es gut klappen.  Einseitig wird es nicht funktionieren.
Ich bin angekommen, fühle mich voll integriert. Dafür bin ich dankbar und auch stolz. Stolz auf meinen Mut, mein Durchhaltevermögen, mein „Nicht-Locker-Lassen“.
Doch kann man das von Menschen so erwarten, die nicht freiwillig, sondern aus der Not kommen? Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie lange es dauert und wie viel bewußter Arbeit es bedarf. Eine große, große Aufgabe für beide Seiten. Ich hoffe, dass ich hier dem einen oder anderen Flüchtling dabei helfen kann.

Eure Steffi ❤️

8 Kommentare zu “Integration: Ein persönlicher 11-Punkte Check-up

  1. Das hast Du sehr schön zusammengefasst und ich finde mich darin tatsächlich wieder. Nun sind wir nicht auf Bornholm (was ich einmal besuchte und wirklich wunderschön und friedlich empfand). Aber auch wir nehmen so langsam die Angewohnheiten der Amerikaner an, feiern neue Feiertage, mischen Traditionen und versuchen dennoch alte zu bewahren. Das neue Leben bereichert. Und ich merke, wie sehr sich unser Horizont erweitert, weil wir uns anderen Kulturen öffnen.

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  2. Liebe Steffi, das Wiedersehen wird schon im Dezember sein – wenn du magst. Denn unsere Fahrt geht natürlich :-)) wieder nach Bornholm. Wir brüten gerade über den gar nicht so einfachen Fährverbindungen. Falls ihr noch etwas für Weihnachten aus der alten Heimat braucht, lasst es uns rechtzeitig wissen. Wir hüten das Haus von Freunden (schau auf meine fb-Seite, dort gibt es außer dir nur noch einen Bornholmer Freund) und kommen hoffentlich am 01.12. an und bleiben ca. 2 Wochen. Bis dann doch ziemlich bald, Amala und Ulrike

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  3. Danke liebe Roswitha! Wir halten Euch auf dem Laufenden. Auch über die Flüchtlinge auf Bornholm. Bin seit Kurzem Freiwillige im Asylantenheim in Rønne und werde dort meine Erfahrungen machen.
    Herzlichst Steffi

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  4. Liebe Amala und Ulrike! Toll, dass Ihr so offen auf andere Kulturen zugeht und sie in Eure Mitte aufnehmt. Genau darum geht es, glaube ich. Und dafür sorgen, das die Wurzeln nicht gekappt werden, denn sonst kann kein Wachstum mehr stattfinden. Wünsche Euch einen schönen Winterhaufenthalt in Dänemark und freue mich auf ein Wiedersehen in 2016 !
    Herzlichst Steffi

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  5. Danke liebe Julia für deine sehr persönlichen Zeilen. Ja, ich denke, dass man immer sein Mutterland im Herzen behält und einfach nur das andere neu annimmt. Ich wünsche Dir, dass du für dein Alter den richtigen Ort wählst, denn das ist auch genau so ein Punkt, an den ich auch schon gedacht habe… Wer weiß, wie man dann entscheidet… Wünsche dir alles Liebe und Gute und vielleicht sehen wir uns mal auf einer Lesung wieder :-)).
    Steffi

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  6. Liebe Steffi, deine großartigen sehr persönlichen Schilderungen haben mich tief berührt. Deine Zeilen mit dem sehr zufreffenden Inhalt sind im heutigen Weltgeschehen aktueller denn je und hätten es verdient, allen Menschen zugänglich zu machen, damit sie auch nur einen Funken davon mitbekommen, was Integration wirklich bedeutet! Mit deinen Worten: „Integration hat immer zwei Seiten. Zum einen meinen Willen … Und auf der anderen Seite, der Wille und das Engagement, mit dem ich aufgenommen werde. Wenn beides da ist, kann es gut klappen. Einseitig wird es nicht funktionieren.“ hast du so recht – zutreffender könnte man es nicht ausdrücken. Meine HOCHACHTUNG und viel Erfolg beim Erlangen der Dänischen Staatsbürgerschaft – ich wünsche dir/euch alles Glück dieser Welt ;o) !!!
    Liebe Grüße
    Roswitha

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  7. Hallo Steffi, Deinen Check-Up habe ich mit viel Interesse und Freude gelesen, genauso ist es, denn man kann seine Herkunft nicht verleugnen, meine Kindheit, meine Wurzeln bleiben, auch wenn man sich mit allen Mitteln zu Integrieren versucht! Ich selbst bin vor 54 Jahren nach Deutschland ausgewandert (ich war 17), ich bin Niederländerin, und obwohl ich heute Deutsch denke und Träume, bleibe ich doch in vielen Dingen Niederländerin. Das was Du schreibst sind Phasen durch die man durch muss, und je länger man dort lebt, je besser und selbstverständlicher wird alles, dennoch wird man seine Wurzeln nie verleugnen können und man muss es auch nicht. Ich merke aber das im Alter die alte Heimat wieder näher rückt und der Gedanke aufkommt doch wieder ganz zurück zu gehen! Aber Ihr habt Euch einen sehr schönen Platz zum Leben ausgesucht,( wir waren auf der letzten Lesung in August auch dort) und ich wünsche Dir von Herzen das Du mit diesen Grad Dänisch/Deutsch immer besser leben kannst, vor allem Dänisch gelassen! Mit lieben Grüßen Julia Groenhout

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  8. Liebe Steffi, es hat uns sehr berührt, was du über deine/eure Integration geschrieben hast. Dieses Thema ist mir aus zwei Blickrichtungen bekannt. Einmal habe ich über 25 Jahre Deutsch als Fremdsprache für ausländische Erwachsene aus den unterschiedlichsten Ländern, Kulturen, Religionen unterrichtet. Und dann haben wir vor sieben Jahren eine junge Frau aus Tibet „adoptiert“. Natürlich nicht juristisch, da sei die deutsche Bürokratie vor. Aber wir empfinden sie als unsere Tochter. Und als Krönung haben wir seit 4 Jahren jetzt auch eine Enkeltochter. Ihre Eltern sprechen tibetisch mit ihr, sie antwortet ausschließlich auf deutsch. Was ist jetzt ihre Muttersprache? Kulturell wächst sie in zwei Gesellschaften auf. Tibeter kennen natürlich nicht unsere zumeist religiös geprägten Feste oder den Geburtstag. Da sind wir gefragt. Aber gleichzeitig ist es uns ganz wichtig, dass sie die Kultur ihrer Eltern kennenlernt.
    Und dann sind mir bei deinen Zeilen noch unsere mehr als rudimentären dänischen Sprachkenntnisse wieder in den Kopf gekommen. Ich empfinde es als beschämend, nach so vielen Besuchen in unserem Lieblingsurlaubsland so wenig sagen zu können und kommuniziere meist auf englisch, weil ich nicht an der weit verbreiteten Einstellung partizipieren möchte, dass die „anderen“ schon deutsch sprechen können.
    Ob es noch mal besser werden wird?? Im Dezember werden wir es ausprobieren. Ja, wir wagen es, DK im Winter!!

    Herzlichst, Amala und Ulrike

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